Ein Hundeleben

 

Sie können kaum noch atmen, nicht mehr richtig laufen, sich nicht einmal ohne fremde Hilfe fortpflanzen. Die Menschen haben die Rassehunde nahe an die Lebensunfähigkeit gezüchtet. Sind sie noch zu retten?


Loriot liebte Möpse. „Sie vereinigen die Vorzüge von Kindern, Katzen, Fröschen und Mäusen“, beschrieb sie der Großmeister des trockenen Humors. In seinem Tierstunde-Sketch Ende der 80er-Jahre berichtete er über den Waldmops. Er stamme ursprünglich vom Elch ab, Zeichnungen von Möpsen mit stattlichem Gehörn dienten als Beweis. Vor anthrazitfarbenem Hintergrund mit angeschraubten Geweihen kritisierte er: „Am schlimmsten zeigt sich das mangelnde Verantwortungsgefühl des Menschen in der Schamlosigkeit, in der er die äußeren Körpermerkmale ganzer Tiergattungen umzüchtete und sie damit ihrer natürlichen Lebensfunktionen beraubte. Ein eindrucksvolles Beispiel liefert hierfür der sogenannte Mops. Er genießt heute einen zweifelhaften Ruf als ringelschwänziges Schoßtier.“ Damit nahm er vorweg, was jetzt in der Hundezuchtszene lauter wird: die Kritik an dem Spiel des Menschen mit der Schöpfung.


In seinem Zuchteifer machte er sich die wilde Natur untertan und erschuf sich konsumgerechte Fleischlieferanten, Sportgeräte und Kuscheltiere. Dass der Mops mal ein Wolf war, sieht man ihm heute nicht mehr an. Er hat seine Nase fast vollständig eingebüßt, weshalb er unter ständiger Atemnot leidet. Besonders schlimm ergeht es Möpsen, die nur noch im Sitzen schlafen können – sie drohen im Liegen zu ersticken. Bei einer Untersuchung der Universität Leipzig an 62 Exemplaren litten über 70 Prozent an Schlafproblemen. Operationen an den Atemwegen sind inzwischen Normalität. Doch der Mops ist kein Einzelfall.


Es ist Anfang März. Auf einem Messegelände ein wenig außerhalb von Birmingham trifft die internationale Szene zur weltgrößten Hundemesse Crufts zusammen. In fünf Hallen messen sich rund 28.000 Vierbeiner, oder besser gesagt ihre Frauchen und Herrchen. Seit fünf Uhr morgens sind die meisten schon wach, haben ihre Liebsten geputzt, gekämmt, frisiert und toupiert, ihnen kleine Jäckchen und Mäntelchen angezogen, den Großen Lätzchen umgehängt, damit sie nicht ihr schönes Fell vollsabbern. Drei Stunden braucht es etwa, einen Bichon Frisé wie einen aufgeplatzten Fellball aussehen zu lassen, erzählt die Besitzerin matt lächelnd. Sie besitzt vier von ihnen. Aber für den Auftritt im Richterring ist kein Aufwand zu groß. Mit akribischer Genauigkeit werden die glänzenden Locken des Cockerspaniels in Form geschnitten und die langen Strähnen des vor Kälte zitternden Yorkshire Terriers in Seidenpapier aufgewickelt.


In den Richterringen präsentiert sich die außer Kontrolle geratene Kreativität des Menschen: Da wäre die Englische Bulldogge, bei der sich jeder Atemzug wie ein verzweifeltes Ringen nach Luft anhört und deren Kopf so absurd wuchtig hochgezüchtet ist, dass er nicht mehr durch den Geburtskanal passt. Der Mensch muss sie per Kaiserschnitt holen. Da gibt es den Pekinesen, der ein derart plattes Gesicht und dermaßen viel Fell hat, dass er seine Körpertemperatur nicht mehr allein regulieren kann, er droht ständig zu überhitzen. Oder der Cavalier King Charles Spaniel, dessen Schädel zugunsten des Kindchenschemas zu klein für sein Gehirn gezüchtet wurde und der infolgedessen an starken Schmerzen leidet. Shar-Peis, Neapolitanische Mastiffs und Bassett Hounds leiden unter zu viel Haut, Bernhardiner und Dänische Doggen unter ihren zu großen Körpern. Die Liste ließe sich endlos fortführen.


„Die Praxis der Hundezucht ist systematische Tierquälerei“, sagt der Psychologe Christoph Jung, Autor des Buches „Schwarzbuch Hund“. Es sollte eigentlich ein Buch über die enge Beziehung zwischen dem Menschen und seinem besten Freund werden. Doch je mehr er recherchierte, desto schwärzer wurde sein Bild. Er sitzt in seinem Wohnzimmer in einem ehemaligen Bauernhof im Osten von Halle an der Saale. Bulldogge Bruno schlurft träge um die Ecke, gähnt und wuchtet sich aufs Sofa. Sein schwerer Atem wechselt zu sonorem Schnarchen. „Der Züchter meines Lieblingshundes war in meinen Augen früher ein halber Gott“, erinnert sich Jung. Aber als seine erste Bulldogge Willy immer kränker wurde, begriff er, dass diese Halbgötter einen Krüppel erschaffen hatten. Willy hatte Probleme mit den Augenlidern, humpelte, seine Gehörgänge waren deformiert und chronisch entzündet; das machte ihn herzkrank. Seine gekringelte sogenannte Korkenzieherrute wuchs ein, ließ ein faustdickes Geschwür wuchern und musste schließlich amputiert werden. „Je mehr Besitzer von Bulldoggen ich kennenlernte, desto gesünder wurde unser Willy, aber eben nur relativ“, erzählt Jung. Denn Willys Leiden standen exemplarisch für die ganze Rasse. Die Eigenschaften der Bulldogge wurden mit den Jahren übertypisiert. Heute ist sie eine Karikatur ihrer selbst. Wie konnte es so weit kommen?


Der technische Fortschritt machte den einstigen Arbeitshund weitgehend überflüssig. Charles Darwins Evolutionstheorie und Gregor Mendels Vererbungsregeln gaben den Menschen das nötige Werkzeug in die Hand, um fortan Schöpfer zu spielen. Das Ziel: umgängliche, treue, verspielte Gesellschaftshunde. Nationale Zuchtvereine wetteiferten um die Hoheit über die Hunderassen, 1873 gründete sich der britische Kennel Club („Zwingerverein“) und schwang sich zur mächtigsten Hundeorganisation der Welt auf. Er hat die Entscheidungsgewalt über 210 der mehr als 350 Rassestandards inne. Das heißt, er entscheidet, wie diese Hunde aussehen sollen – eine gottgleiche Macht. So setzte er absurde Standards: Der Kopf der Bulldogge sollte „je größer, desto besser“ sein, die Nase des Mopses möglichst „flach“. Niemand hielt ihn davon ab. Auf der eigenen Hundeshow Crufts feiert der Kennel Club jährlich mit Trompetenfanfaren seine Schöpfungen. Jahrelang wurde sie live von der BBC übertragen, ganz Großbritannien sah dabei zu, wenn der Kennel Club seinen schönsten Hund des Jahres kürte. Bis Jemima Harrison 2008 mit ihrem Dokumentarfilm „Pedigree Dogs Exposed“ (deutscher Titel: Rassereine Krüppel) die Zuchtpraktiken der Organisation kritisierte. Das Ansehen kippte, die Züchterszene war erzürnt, die BBC sprang ab.


Auch fünf Jahre später ist dieser Warnschuss noch nicht verhallt. Es ist ein unangenehmes Thema, und keiner möchte es auf die eigene Rasse beziehen, schon gar nicht auf den eigenen Hund. „Ich denke, das ist alles Müll“, schnaubt die Besitzerin von Mops Peter an Richterring 24, Halle 4. Sie schaut den Herrchen in Anzug und Frauchen in Kostümen auf dem grünen Teppich zu, wie sie mit ihren hechelnden Möpsen etwas ungelenk im Kreis laufen. Mit „Müll“ meint sie das Gerede über die Gesundheitsprobleme einiger Rassen. Seit letztem Jahr müssen die Gewinner von als besonders verzüchtet eingestuften Rassen einen Gesundheitscheck durchlaufen, darunter auch der Mops. Der Schock: 2012 fielen fünf der 15 untersuchten Hunde durch. Sie waren zu krank. Der Englischen Bulldogge, dem Pekinesen, dem Clumber Spaniel, dem Basset, dem Mastiff und dem verwandten Neapolitanischen Mastiff wurde der gerade gewonnene Titel „Best of Breed“ (Bester der Rasse) wieder aberkannt – ein Skandal.


„Wenn der Beste durch den Gesundheitstest fällt, was sagt das über die Rasse aus?“, gibt Bulldoggen-Besitzer Steven Ridley zu bedenken. Seine zweijährige Willow hat den ganzen Tag in ihrer mit grünen Plastikwänden abgetrennten Box ausgeharrt. Jetzt zerrt sie an der Leine und schlabbert ihm ungestüm durchs Gesicht. Die 73-jährige Juli Jones begrüßt die Tests. „Andere mögen sie nicht, weil sie jetzt keine Schrotthunde mehr verkaufen können“, erklärt sie in feinstem Oxford-Englisch. Ihre Freundin kommt strahlend aus dem Richterring zurück, der Mops an ihrer Leine gibt der schwindenden Anspannung nach und pinkelt ihr vor die Füße. Beim Mops sieht Jones kein Problem, schließlich sei ihr eigener stolze 13 Jahre alt. Das Argument kommt oft: Meiner ist schon zwölf, sie hier ist zehn, guck doch, wie gut es ihr geht.


Dabei kann man die allermeisten Probleme überhaupt nicht sehen. Epilepsie, Herzkrankheiten, Gelenkprobleme oder Nierenerkrankungen quälen weitaus mehr Hunde, als man sich das als Außenstehender vorstellen kann. Der Fehler liegt im System: Um ein möglichst einheitliches Zuchtergebnis zu erreichen, greifen die Züchter auf wenige, gerne prämierte Individuen zurück. Ein richtiger Prachtrüde kann es locker auf eine dreistellige Zahl an Nachkommen bringen. So erreicht man zwar, dass sich die Hunde bis auf den letzten Fleck gleichen, die genetische Vielfalt aber schrumpft rapide. Der Vater mit der Tochter, der Bruder mit der Schwester, der Opa mit der Enkelin – jahrelang war das gang und gäbe, auf Antrag ist es heute immer noch möglich. Inzucht verkürzt die Lebenserwartung, zudem ist sie der ideale Nährboden für Erbkrankheiten. Nur mal angenommen, der Superrüde hätte die Veranlagung für eine Krankheit und gäbe diese an hunderte Nachfahren weiter. Die würden wiederum untereinander verpaart, zwei defekte Gene träfen sich und die Krankheit bräche aus. Und das nicht nur bei einem Tier, sondern bei einer ganzen Generation. Genau das ist bei unzähligen Rassen passiert. Das Spiel mit der Schöpfung ist auch ein Spiel mit Leben und Tod.


Der kleine schlappohrige Cavalier King Charles Spaniel ist ein Beispiel dafür: Sein Name fällt oft, wenn es um die am schlimmsten verzüchtete Rasse geht, obwohl man es ihm nicht ansieht. Er wurde Opfer des an ihm wahnhaft statuierten Kindchenschemas: Die Augen wurden immer größer, der Kopf immer runder – bis er zu klein für das Gehirn war. Die Folgen tragen komplizierte Namen: Chiari Malformation und Syringomyelie. Technisch bedeuten sie, dass das Gehirn in den Rückenmarkskanal gedrückt wird und dort die Flüssigkeitszirkulation stört. Praktisch bedeuten sie lebenslange Schmerzen. „Um die sechzig Prozent leiden darunter“, erzählt Tania Ledger an Infostand 116, Halle 5. Sie trägt ein rosafarbenes Poloshirt mit der Aufschrift „Cavalier Matters“, ihre Lippen sind in der gleichen Farbe geschminkt. Die Showzüchter wollten von den Problemen nichts wissen, letztes Jahr hätten sie sich sogar über ihr Engagement beschwert. „Es gibt keine Gesundheitstests für Dinge, die man nicht sehen kann“, sagt Ledger. Sie hat fünf Cavaliers, vier haben Syringomyelie, die zwei Hunde ihrer Kollegin haben es beide. „Jeden Tag sind sie auf Schmerzmitteln.“ Dazu leiden beinahe alle Cavalier King Charles Spaniels mit zunehmendem Alter an der Herzkrankheit Mitralklappeninsuffizienz. Ledgers Konsequenz ist strikt: „Wir sagen: Hört auf, sie zu züchten, es ist zu spät.“ Sie presst die Lippen aufeinander.

 

Ein düsterer Ausblick. Seit der Cavalier King Charles Spaniel 1944 vom Kennel Club geführt wird, hat es nicht einmal 70 Jahre gedauert, um die Rasse lebensuntauglich zu züchten. „Wenn die Hundezüchter darauf bestehen, diesen Weg weiter zu gehen, kann ich mit Sicherheit sagen, dass ein Universum des Leidens auf viele der Rassen wartet. Und viele, wenn nicht die meisten dieser Rassen werden das nicht überleben“, prophezeit der britische Genetiker Steve Jones. Nicht ganz so fatalistisch sieht Ottmar Distl die Lage, Direktor des Instituts für Tierzucht und Vererbungsforschung an der Tierärztlichen Hochschule in Hannover. „Es fehlt ganz einfach an Offenheit“, sagt er. Viele Rassenprobleme beruhten auf wenigen Genmutationen, die sich einfach beheben ließen – wenn man denn wollte.


„Es ist schwer, das in die Köpfe der Züchter zu kriegen“, erzählt Distl. Da seien die brachyzephalen, also kurzköpfigen Rassen noch nicht einmal die schlimmsten. „Beim deutschen Schäferhund ist das sicherlich ein größeres Problem, der kann ja gar nicht mehr richtig laufen.“ Wegen seines stark abfallenden Rückens wird er heute als „vorne Hund, hinten Frosch“ veralbert, schätzungsweise jeder zweite leidet an einer schmerzhaften Hüftdysplasie: Oberschenkelkopf und Gelenkpfanne passen nicht mehr ineinander. Auch auf der diesjährigen Crufts prämierten die Richter einen Schäferhund mit auffallend niedrigem Rücken. Sie entscheiden, welches Aussehen Vorbild für eine ganze Rasse ist – das ist sehr viel Macht. „Wenn man das kritisiert, macht man sich sehr unbeliebt“, sagt Distl.


So unbeliebt, wie Christoph Jung in der Szene ist. Er initiierte den Dortmunder Appell, mit dem er gegen die sogenannte Qualzucht kämpft. Mit auf seine Initiative hin wurde der Allgemeine Club für Englische Bulldoggen 2011 von dem größten deutschen Hundezuchtverband VDH (Verband für das Deutsche Hundewesen) ausgeschlossen, denn eine verantwortungsvolle Zucht sei unter dem Verein „derzeit nicht möglich“. Dafür wurde Jung im Internet diffamiert, verspottet und bedroht. Seine Gegner markierten sein Grundstück auf einem Satellitenfoto mit einem Fadenkreuz und riefen zu Mahnwachen vor seinem Haus auf. Nach 16 wirkungslosen Gerichtsbeschlüssen stellte er seine Veröffentlichungen im Internet ein. „Die beste Art, ein einsamer Mensch zu werden, ist, die Hundezucht zu kritisieren“, sagt er und versucht ein Lächeln.


Dabei hat er das Gesetz auf seiner Seite. Paragraf 11b des Tierschutzgesetzes verbietet eine Zucht, die „Schmerzen, Leiden oder Schäden“ verursacht. Aber das ist „totes Recht“, sagt Jung. Er kann sich an keine rechtskräftige Verurteilung wegen Qualzüchtung erinnern. Als das Tierschutzgesetz kürzlich novelliert werden sollte, lud man ihn, den Kritiker, sogar nach Berlin ein. Gebracht habe es nichts. „Wenn man zum Beispiel Inzucht verbieten will, geht das auch gegen die Fleischindustrie, weil die auch viel damit arbeitet.“ Und damit hat man eine ziemlich große Lobby gegen sich.

 

Der einzige, wenn auch unverbindliche Versuch, das tote Recht zum Leben zu erwecken, ist ein Gutachten von Veterinärmedizinern, Tierschützern und Behördenvertretern aus dem Jahr 1999. Die Empfehlung lautet immer wieder „Zuchtverbot“. Bis heute folgte daraus keine Konsequenz. Erste zaghafte Verbesserungen gibt es aber trotzdem. Mittlerweile arbeitet eine Initiative „Gesunde Bulldoggen“ daran, den Hunden ihre Vitalität zurückzugeben. Ähnliche Programme gibt es auch für andere Rassen. Und inzwischen kann man von VDH-Geschäftsführer Bernhard Meyer auch Aussagen wie diese lesen: „Der Mensch hat die Hunderassen geschaffen, nun muss er sie auch bewahren, indem wir die gesundheitlichen Vorgaben umsetzen.“


Denn eigentlich ist der Hund doch der beste Freund des Menschen, der treue Partner, Spielgefährte und Tröster in einsamen Zeiten. Nicht selten wird er zum Menschenersatz, für einen verstorbenen Partner oder anstelle eines Kindes. Für innige Hundeliebhaber bietet die Crufts die passenden Ausdrucksmittel: Socken mit der Aufschrift „I love German Shepherds“, Kloschüsseln bedruckt mit Comicmotiven, Gesellschaftsspiele wie „Bulldogopoly“, Broschen mit dem Konterfei der Lieblingsrasse, Stofftiere, Tassen, handbemalte Keramikfiguren. Die Messe ist das Paradies für jeden Hundefanatiker, kleine Mädchen bekommen den Eintritt zum Geburtstag geschenkt. Sie tragen Haarreifen mit bunten wackelnden Pfoten, an den Show-Ringen fiebern sie mit den Herrchen und Hunden mit, die gemeinsam einen Hindernisparcours auf Zeit meistern, und rufen verzückt: „Oh, was für ein reizender Hund!“ Das ist auch eine Facette der Crufts: Der agile kräftige Hund, der durch enge Slaloms jagt und über Hürden springt. Der Kennel Club gibt sich größte Mühe, so gesundheitsfördernd wie möglich zu wirken. Man zelebriere „gesunde, glückliche Hunde“ – auf einem Videowürfel in der Mitte der Showarena läuft mehrmals täglich ein Film über die Gesundheitsbestrebungen des Verbands.


Er hat dazugelernt. Vor allem in Reaktion auf den Film „Pedigree Dogs Exposed“ und den dadurch ausgelösten Sturm der Entrüstung strich der Verband einige scharf kritisierte Punkte aus seinen Standards. Zum Beispiel das Töten nach Vorschrift: Für den Rhodesian Ridgeback schrieb er bis 2008 vor, Welpen ohne einen Rückenkamm zu töten, da sie nicht dem Rasseideal entsprächen. Das Absurde: Der Kamm ist für die Hunde sogar schädlich, denn er kann Hauteinstülpungen verursachen, die zu einer Hirnhautentzündung führen können. Der Rassestandard schreibt für die Englische Bulldogge mittlerweile nur noch einen „ordentlich großen“ Kopf vor, aber „ohne den Hund deformiert aussehen zu lassen“. Die Schnauze des Mops soll nur noch „relativ kurz“ sein.

 

„Nichts ist in Stein gemeißelt. Mit der Zeit werden wir noch andere Veränderungen vornehmen“, verspricht Caroline Kisko, Sprecherin des Kennel Clubs. Auf einer neuen Internetseite können Züchter nun einen Inzuchtkoeffizienten errechnen, der ihnen dabei helfen soll, den Genpool groß zu halten. „Wir erwarten von unseren Züchtern, dass sie nicht mit ihrem Hund züchten, wenn er ein Gesundheitsproblem hat“, sagt Kisko. Alles freiwillig, gezwungen wird niemand. Denn: „Wenn wir jetzt zu stark drängen, könnten die bei uns registrieren Züchter einfach gehen und alleine weitermachen.“ Das funktioniere aber ganz gut, zumindest die Crufts-Statistik gibt ihr Recht: Dieses Jahr fiel kein Hund durch den Gesundheitstest.


Aber kann ein bisschen Herumschrauberei an den Regeln ganze Rassen retten? Eine wachsende Zahl von Züchtern setzt nun auf die sogenannten Designerhunde, Kreuzungen aus zwei Rassen. Die tragen so lustige Namen wie Labradoodle (Labrador und Pudel), Puggle (Mops und Beagle), Cockapoo (Cocker Spaniel und Pudel) oder Schnoodle (Schnauzer und Pudel). Caroline Kisko findet, sie machten das Problem nur noch schlimmer, denn sie würden nicht gesundheitlich getestet. Was sie nicht sagt, was für einen Vertreter der Hundezucht aber viel entscheidender ist: Wie die Nachkommen dieser Hybride aussehen, ist unvorhersehbar.


Für viele Experten liegt die Lösung in einer verantwortungsvollen und ausgeglichenen Zucht: In der ein Rüde nicht mehr hunderte Nachfahren haben darf, Inzucht verboten ist und das Aussehen nicht die höchste Priorität hat. Dann werden vielleicht irgendwann auch wieder alle Möpse im Liegen schlafen können.

greenpeace magazin 2013